24. November 2021 - Ev. Kirchengemeinde
Die fetten Jahre sind vorbei …
Wie sieht unsere Kirche 2030 aus?
Alles ist im Wandel. Diesen Eindruck kann man bekommen, wenn man unsere augenblickliche Lebenssituation betrachtet. Nicht nur Corona fordert Verhaltensänderungen ein, die vor drei Jahren noch unmöglich schienen. Auch die Klimaerwärmung, der demographische Wandel, die politische und gesellschaftlichen Situationen erfordern Veränderungen in unseren Lebensgewohnheiten. Und davon ist unsere Kirche nicht ausgenommen.
So hat sich auch die Synodaltagung des Dekanats Vogelsberg im Oktober mit der Zukunft unserer Kirche, unserer Kirchengemeinden beschäftigt, zu der neben den Synodalen auch die Kirchenvorsteher/innen in einer Zoom-Konferenz eingeladen waren. Davon möchte ich berichten.
Probst Schmidt wies in der Einleitung zu seinem Vortrag auf die Geschichte im Alten Testament hin: Der Pharao träumt, dass sieben magere, hässliche Kühe sieben hübsche fette Kühe fressen. Josef deutet die Träume folgendermaßen: "Nach guten, schönen Jahren folgen nun nicht so schöne, schwierige Jahre für das Land und die Bevölkerung. Und Josef empfiehlt dem Pharao sich auf die schlechten Jahre vorzubereiten und vorzusorgen.“(1. Mose/41) Schmidt führte aus, was in den „mageren Jahren“ für die Kirche erwartbar ist:
In den kommenden 10 Jahren werden 50% der Pfarrer/innen in Ruhestand gehen, 2% der Mitglieder treten voraussichtlich jedes Jahr aus der Kirche aus, bis 2060 wird sich die Mitgliederzahl halbieren, es werden im Jahr 2030 ca. 130 Mill. € fehlen.
Fazit: Die Kirche wird sich verändern, es muss gespart werden. Dieser Veränderungsprozess soll aktiv gestaltet werden unter der Fragestellung: Wie leben und gestalten wir Kirche aktiv, attraktiv und zukunftssicher?
Schmidt zitierte den ehemaligen Bundespräsidenten Heinemann: „Wer nicht verändern will, wird verlieren, was er bewahren will!“
Anette Pannenberg, Referatsleiterin für Organisationsentwicklung und Melanie Beiner, Dezernentin für kirchliche Dienste stellten einige Überlegungen vor, wie die Kirche EKHN2030 für „magere Zeiten“ aktiv, attraktiv und zukunftssicher gestaltet werden kann:
- Die „Kirche“ muss sich öffnen, muss Positionen beziehen, verlässlich bleiben und erreichbar sein; Seelsorge muss gewährleistet sein, damit die Kirche für junge und alte Menschen attraktiv bleibt.
- Kirche vor Ort muss ihr Profil stärken.
- „Kirche“ soll soll sich vernetzen, wo möglich soll die Digitalisierung genutzt werden, um Verwaltung zu erleichtern und um sie zur Verkündigung zu nutzen und Zusammenarbeit zu erleichtern.
- Zukunftskonzepte für Kinder Jugend und junge Familien müssen erarbeitet werden.
- „Nachbarschaftsräume“ sollen entstehen, um gemeinsame Ressourcen zu nutzen.
- „Kirche“ vernetzt sich mit Vereinen, der politischen Gemeinde und benutzt deren Gebäude/ Räume und bringt eigene Kompetenzen ins Gemeinwesen ein.
In der anschließenden Diskussion in Kleingruppen äußerten viele der Teilnehmer, dass dieser Änderungsprozess durchaus schmerzhaft werden kann. Es wurde befürchtet, dass die Kirche so noch mehr Mitglieder verliert, dass der Austritte aus der Kirche forciert werden, wenn Angebote ausgedünnt werden oder in ferne Orte zusammen gelegt werden. Wichtig war vielen, dass die „Nachbarschaftsräume“ nicht zu groß sind, überschaubar und erreichbar bleiben und, dass ein persönlicher Bezug zu Pfarrern und Pfarrerinnen der Gemeinde für viele Gläubige sehr wichtig ist.
Eine Stimme war aber auch der Meinung, dass diese Umgestaltung spannend und eine Chance für ein aktives Gemeindeleben sein kann. Als positives Beispiel für diese „Nachbarschaftsräume“ wurde übrigens unser Gruppenpfarramt des öfteren erwähnt.
Eine spannende, wahrscheinlich herausfordernde Zeit erwartet uns also. Gut, dass wir noch „fette Jahre“ haben, die uns zumindest zum Teil erlauben die Zukunft zu gestalten.
Hiltrud Georg
Mitglied des KV Storndorf