12. Februar 2014 - Kalenderblatt

- 5000 / 5000 v.Chr. : Meisterwerk aus der Steinzeit

FUND Jagdpächter Helmut Göbel entdeckte ein sorgfältig geschliffenes Beil

Steinbeil

Von welchen Ereignissen im 5/6. Jt. vor Chr. mag uns diese sorg­fältig gearbeitete Steinklinge als ein­ziger Zeuge künden? Länge ca. 20 cm.

Vor etwa zwanzig Jahren fand Helmut Göbel in seinem Jagdrevier einen Steilkeil und zwar auf der zu Meiches gehörenden Steinswiese direkt an der Gemarkungsgrenze von Storndorf, kurz vor der Milchstraße. Lange Jahre zierte der Fund einen Kaminsims, ehe er zur genaueren Untersuchung in das Archäologische Landesmuseum nach Marburg gelangte.

Heilmut Göbel erahnte den archäologischen Charakter des Fundstückes durch eine Fernsehsendung. Untersucht wurde der Keil von dem Archäologen Dr. Andreas Thiedmann, nach dessen Ansicht das Werkzeug wahrscheinlich im älteren Neolithikum, vielleicht auch erst im darauf folgenden Mittelneolithikum angefertigt wurde.

Das heißt jedoch nicht, dass unser Raum rings um Storndorf bereits zu dieser Zeit besiedelt war. Dr. Thiedmann führt nämlich in einem unter dem Titel „Einsamer Wanderer im Vogelsberg?" in der Zeitschrift „Archäologie in Deutschland" erschienenen Aufsatz aus, dass die nächsten älterneolithischen Fundstellen erst 10 bis 15 km weiter nördlich bis nordwestlich aus deutlich tieferen lagen an den Flüssen Ohm und Schwalm bekannt sind. Dr. Thiedmann nimmt an, dass der Keil von einem steinzeitlichen Jäger oder „Wanderer" verloren wurde.

Weitere Einzelheiten über den Steinkeil können sie dem folgenden Zeitschriftenartikel von Dr. Thiedmann entnehmen:

Einsamer Wanderer im Vogelsberg?

Nach rund 20 Jahren Dornröschenschlaf auf dem Kaminsims des Finders gelangte erst kürzlich ein prachtvoller »Schuhleistenkeil« der hessischen Archäologie zur Kenntnis! Der Fund war vom langjährigen Jagdpächter H. Göbel seinerzeit auf einem Wildacker im nördlichen Vogelsberg als ungewöhnlich aufgesammelt, aber nicht in seinem archäologischen Charakter erkannt worden. Erst eine Fernsehsendung brachte ihn schließlich auf die richtige Spur. Es handelt sich um eine sorgfältig geschliffene Dechselklinge mit schwacher Hohlkehle aus grünlichem Amphibolith von gut 20 cm Länge und 3,0 bzw. 3,5 cm Stärke. Die charakteristische Form verweist das Objekt in das ältere Neolithikum, am ehesten wohl in die Zeit der linienband-keramischen Kultur, vielleicht auch noch in die Rössener Zeit.

Der auffällige Fund - zumal in dieser abgelegenen Gegend - wirft umgehend Fragen nach dem ursprünglichen »Warum und Woher« auf. Denn die Fundstelle liegt mitten in einem ausgedehnten Waldgebiet zwischen den Orten Meiches und Storndorf im Vogelsbergkreis auf einer kleinen Lichtung am recht steilen Hang über einem Bachgrund.

Die nächstgelegenen älterneolithischen Fundstellen sind erst rund 10 bis 15 km weiter nördlich bis nordwestlich aus deutlich tieferen Lagen an den Flüssen Ohm und Schwalm bekannt. Niemals jedenfalls waren die Siedlungen der Bandkeramiker bis herauf in den mittleren Vogelsberg auf fast 450 m Höhe ü.NN vorgedrungen. Auch eine sekundäre Verbringung des Objektes an diese Stelle, etwa mit fremdem Erdaushub, darf ziemlich sicher ausgeschlossen werden.

So kann man angesichts dieses schönen, aber völlig isolierten Fundes hinsichtlich seiner Geschichte nur trefflich spekulieren; so etwa in dem Sinne, dass vielleicht ein auf der Jagd oder zu anderem Zweck in diese einsame und weglose Wildnis vorgedrungener »steinzeitlicher Wanderer« seine zweifellos wertvolle Beilwaffe eher unglücklich verlor, als er selbst vielleicht der Begegnung mit wehrhaftem Wild oder einem Unfall oder gar einem Verbrechen - ähnlich »Ötzi« - zum Opfer fiel? Unserem Finder gefiel die jagdliche Erklärung jedenfalls am besten.

A. Thiedmann

Kleine Steinzeitkunde

Die Steinzeit ist die früheste Epoche der Menschheitsgeschichte. Per Definition beginnt sie mit dem erstmaligen Gebrauch von Werkzeugen aus dem Material Stein. Die ältesten gefundenen Steinwerkzeuge sind etwa 2,5 Millionen Jahre alt.

Gliederung der Steinzeit

Zeiträume in Mitteleuropa

Altsteinzeit = Paläolithikum

Von vor 2,5 Mio. Jahren bis um 9600 v. Chr.

Mittelsteinzeit = Mesolithikum

9600 v. Chr. bis 5500 v. Chr.

Jungsteinzeit = Neolithikum

5500 v. Chr. bis 2200 v. Chr.

Das Neolithikum gliedert sich folgendermaßen (bezogen auf das mittlere Deutschland):

Altneolithikum

5500 – 5000 v. Chr.

Linienbandkeramiker

Mittelneolithikum

5000 – 4400 v. Chr.

Stichbandkeramiker, Rössener Kultur (benannt nach einem Gräberfund in Rössen, heute Ortsteil von Leuna.

Jungneolithikum

4400 – 3500 v. Chr.

Spätneolithikum

3500 – 2800 v. Chr.

Endneolithikum

2800 – 2000 v. Chr.

Der in der Nähe von Storndorf gefundene Steinkeil ist wahrscheinlich in dem Zeitraum von 5500 – 4400 v. Chr. angefertigt worden.

In der Jungsteinzeit waren die Menschen seßhaft. Sie bauten Häuser und ernährten sich von Landwirtschaft und Viehzucht. Die Jagd spielte für die Ernährung nur noch eine untergeordnete Rolle. Wie in der Alt- und Mittelsteinzeit waren viele Werkzeuge aus Holz, Tierknochen und - natürlich - aus Stein. Neu war die Bearbeitung der Steinwerkzeuge. Die Beile, Äxte und Klingen wurden nun durch Sägen und Schleifen geschärft und zur Schäftung durchbohrt.

Ebenfalls neu war das Auftreten gebrannter Tongefäße, die man in der Hauptsache zum Bevorraten verwendete. In der frühesten Phase, im Altneolithikum, versahen die Menschen die keramischen Gefäße mit einem Bandmuster. Man bezeichnet die Menschen aus dieser Zeit deswegen auch als Bandkeramiker, genauer gesagt als Linienbandkeramiker im Gegensatz zu den Stichbandkeramikern aus dem Mittelneolithikum (Rössener Kultur, benannt nach einem Gräberfund in Rössen, heute Ortsteil von Leuna).


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