24. November 2014 - Ortsgeschehen

Quelle: Lauterbacher Anzeiger

Spurensuche im Vogelsberg

Nachfahren der jüd. Familie Höchster statten Storndorf und Lauterbach einen Besuch ab

familie hoechster

Charles Hexter (3. von rechts) aus Israel suchte gemeinsam mit seinem Schwager Samson Beckhoffer,  seiner Schwester Judy Beckhoffer (1. und 2. von rechts) und seinen Kindern nach Spuren der jüdischen Familie Höchster im Vogelsberg. Die Aufnahme entstand während des Besuches von Lauterbach.  Fotos: mwk

Vor einigen Tagen hatte Storndorf einen besonderen Besuch. Mitglieder der jüdischen Familie Höchster waren zu einer Spurensuche gekommen. Sie wollten sich den Ort ansehen, in dem ihre Vorfahren einst lebten. Die Stationen: Judenfriedhof, ehemalige Schulgebäude (Oberes Schulhaus, heute Anwesen Edda Fink , Unteres Schulhaus, heute Anwesen Merkel), die ehemalige Synagoge (heute Anwesen Karin Georg)  und das Geburtshaus des Urahnen Kalme Kaufmann Höchster (heute Torsten Georg, Vadenröder Str. 16).

Begleitet wurde die Familie bei ihrer Spurensuche u.a. von Bürgermeister Timo Georg und von Bernd Georg vom Kulturverein. Nach ihrem Aufenthalt in Storndorf reisten die Besucher weiter nach Lauterbach, wohin viele ihrer Vorfahren Ende des 19. Jahrhunderts gezogen waren. Im Lauterbacher Anzeiger erschien am Mittwoch, dem 19. November folgender Artikel:

 Auf den Spuren der Vorfahren

LAUTERBACH - (mwk). Charles Hexter aus Israel machte sich am Montag auf eine Spurensuche, die ihm sehr am Herzen lag. Der 70-jährige Pensionär aus Rehovot in der Nähe von Tel Aviv wollte mehr erfahren über die Geschichte seiner Vorfahren – über die Geschichte der jüdischen Vogelsberger Familie Höchster, die über Jahrhunderte in Storndorf und Lauterbach zu Hause war. Begleitet wurde Charles Hexter bei seinem Besuch von seinen vier Kindern Sara Kandler, Ayelet Tsumi, Avi und Noam Hexter sowie von seiner Schwester Judy und seinem Schwager Samson Beckhoffer aus New York City. „Es war eine spannende Erfahrung. Und ich hatte viel Freude daran", meinte der Gast aus Israel am Ende eines erlebnisreichen Tages.

„Wir interessieren uns für unsere Vorfahren und Wurzeln in der Region rund um Storndorf und Lauterbach – und allgemein für die jüdische Geschichte der Region." Mit diesen Worten wandte sich Charles Hexter aus Israel vor einigen Monaten an Dekan Stefan Klaffehn in Lauterbach. Und bat ihn um Unterstützung für einen Besuch im Vogelsberg. Denn in Storndorf, Lauterbach und im fränkischen Fürth liegen die Wurzeln seiner Familie. Dekan Klaffehn, Pfarrerin Karin Klaffehn, Dekanatspressesprecherin Michaela Rojahn und Bernd Georg vom Storndorfer Kulturverein halfen der Familie Hexter am Montag bei der Spurensuche im Vogelsberg.

Gemeinsam besichtigten sie die jüdischen Friedhöfe von Storndorf und Lauterbach. In Storndorf war die jüdische Familie Höchster mindestens seit dem Jahr 1700 beheimatet. Insgesamt 19 Vorfahren von Charles Hexter liegen dort noch heute begraben, wie Bernd Georg herausgefunden hatte. Ihrer Vorfahren gedachte die Familie – nach altem jüdischem Brauch –, indem sie ein kleines Steinchen auf jeden der Grabsteine legte. Diese Ehre erwiesen sie später auch Loeb Höchster, dem Ur-Ur-Großvater Charles Hexters, der 1823 in Storndorf geboren und 1909 auf dem jüdischen Friedhof in Lauterbach beigesetzt wurde.

stolpersteine

An den Stolpersteinen für ihre Angehörigen Kaufmann und Blanka Höchster in der Lauterbacher Rockelsgasse hielten Charles Hexter und seine Familie eine Andacht.

Eine besondere Beziehung verbindet Charles Hexter mit seinem Urgroßvater Kallmann Höchster – obwohl er ihn nie kennenlernen konnte. Kallmann Höchster übersiedelte im Jahr 1890 aus dem Vogelsberg nach Fürth und gründete in Franken eine Fabrik für Maschinen-Öle und technische Fette. Er starb 1942 und hinterließ eine selbstgeschriebene Familienchronik, die Charles Hexters Vater schließlich mit nach Amerika brachte. Leo Höchster musste 1938 vor dem Terror der Nazis fliehen und emigrierte von Fürth in die USA. Er änderte seinen Nachnamen von Höchster zu Hexter, um den neuen amerikanischen Nachbarn die Aussprache zu erleichtern.

Charles Hexter selbst wuchs in den Vereinigten Staaten auf. Der langjährige Biochemiker und heutige Pensionär wanderte erst vor 40 Jahren nach Israel aus. Das Interesse an der Geschichte seiner Vorfahren in Deutschland begleitet ihn schon lange. „Ich war sehr neugierig. Ich wollte sehen, wie meine Vorfahren hier gelebt haben", beschrieb er den Beweggrund für seine Reise gegenüber dem LA. Außer für seine Vogelsberger Wurzeln interessiert sich Hexter auch für den fränkischen Teil der Familiengeschichte. Am Dienstag reiste er daher mit seiner Familie weiter nach Fürth.

Doch zuvor entdeckten Charles Hexter und seine Angehörigen bei einem Spaziergang durch die Kreisstadt noch weitere Spuren: Zwei Wohnhäuser und mehrere Stolpersteine erinnerten die Hexters an mehrere Familienangehörige, die von den Nazis ermordet oder in den Tod getrieben wurden. So wie Kaufmann und Blanka Höchster. Sie lebten bis 1940 in der Rockelsgasse 56 und sahen am Ende keinen Ausweg mehr aus den Mühlen des Naziterrors. An den beiden Stolpersteinen zu ihrem Gedenken hielt die Familie Hexter eine kurze Andacht. Trotz dieser bitteren Geschichte hielt Charles Hexter anerkennend fest: „Wir hatten uns schon in Frankfurt Stolpersteine angeschaut. Ich wusste nicht, dass es auch welche gibt, die an die Familie Höchster erinnern."

Um die Erinnerung an die Vorfahren ging es den Hexters auch bei ihrer weiteren Reise. Doch vor dem Aufbruch nach Fürth wollte sich Charles Hexter unbedingt bedanken: „Es war großartig, wie Karin und Stefan Klaffehn alles für uns arrangiert haben", sagte er im Namen seiner ganzen Familie.

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