5. September 2022 - Bürgermeister Schwalmtal

Quelle: OZ Alsfeld - Christian Dickel

Schwalmtals Bürgermeister Timo Georg: Sorge vor der Rezession

Im Sommerinterview spricht Schwalmtals Rathauschef Timo Georg über die Gemeindefinanzen während der globalen Krise sowie Einsparpotenziale durch PV an Kläranlagen und Wasserwerken.

 Buergermeister Georg

Im Rathaus in Renzendorf blickt Timo Georg aufgrund der globalen Krise einer ungewissen Zukunft entgegen. In erster Linie sorgt er sich um einen allgemeinen Wohlstandsverlust der Bürger und sieht auch Herausforderungen für die Kommune. Foto: Christian Dickel

SCHWALMTAL - Nach mittlerweile zehn Jahren im Amt sieht Schwalmtals Bürgermeister Timo Georg (parteilos) viele Dinge mittlerweile deutlich gelassener. Allerdings blickt der gelernte Betriebswirt und Bundesbankdirektor mit großer Sorge auf die globale wirtschaftliche Entwicklung, die vor allem große Auswirkungen auf die Bürger habe werde, aber auch die Kommune betrifft. Künftig wird der finanzielle Handlungsspielraum der Gemeinde deutlich eingegrenzt. Herausfordernde Zeiten. Globale Themen wie die Corona-Pandemie, die Energiekrise und der Krieg in der Ukraine spiegeln sich auch im Leben der Schwalmtaler wider. Wie ist das für eine kleine Gemeinde zu stemmen? Unter anderem darüber hat unsere Zeitung im Sommerinterview mit Timo Georg gesprochen.

Die Preise von Energieträgern sind in die Höhe geschossen. Was kommt in Hinblick auf die steigenden Kosten im kommenden Winter auf die Kommune zu? Wo spart die Kommune bereits Energie ein und wo gibt es weitere Sparpotenziale? Gibt es Bestrebungen, kommunale Liegenschaften mit erneuerbaren Energien für den Eigenbetrieb auszustatten?

Wir merken, dass die Energiebeschaffungskosten deutlich höher sind. Unser Vorteil ist, dass wir im Bereich Strom bereits acht eigene kommunale PV-Anlagen haben und prüfen derzeit, weitere zu errichten. Einsparen ist hingegen schwierig. Unsere Flure im Rathaus waren schon immer unbeheizt. Warmes Wasser in den Toiletten hatten wir auch noch nie. Die großen Einsparpotenziale wie Gebäudedämmung sind langfristig. Aber hier müssen wir uns die Frage stellen, ob das etwa bei der seltenen Nutzung unserer Dorfgemeinschaftshäuser Sinn ergibt. Das Rathaus haben wir bereits energetisch saniert.

Ein großes Thema sind unsere großen Energieverbraucher Wasserwerke und Kläranlagen. Hier sehen wir im kompletten Gemeindeverwaltungsverband massive Einsparpotenziale, weil 75 Prozent des Verbrauchs auf die beiden genannten Objekte fallen. Insbesondere an diesen Standorten prüfen wir das Errichten von weiteren PV-Anlagen. Beispielsweise das Wasserwerk in Brauerschwend ist bereits mit einer PV-Anlage ausgestattet. In Vadenrod an der Kläranlage prüfen wir, ob dort eine Freiflächenanlage infrage kommt.

Finanzielle Herausforderungen durch gestiegene Energiekosten und Inflation haben auch Auswirkungen auf die heimischen Betriebe. Rechnen Sie mit einem Einbruch der Gewerbesteuereinnahmen?

Die Gewerbesteuereinnahmen sind in Schwalmtal ohnehin stark schwankend und laufen teilweise entgegengesetzt zu Entwicklungen im Bundesland. Das hängt an den vorhandenen Betriebsstrukturen. Mit Blick auf die Zukunft habe ich aber Sorgen vor einer Rezession und das würde zum Wohlstandsverlust für alle führen. Wir haben momentan eine ganz unsichere Situation und man muss schauen, wie sich alles entwickelt. Ich selbst blicke nicht gerade positiv auf die Zukunft. Für die öffentlichen Haushalte ist die Zinswende ganz entscheidend. Wir haben rund neun Millionen Euro Schulden und sind mit knapp zwei Dritteln durch Zinsbindung abgesichert. Für die Zukunft werden aber die öffentlichen Investitionen gehemmt. Es gibt Projekte, die ich in Zukunft als Betriebswirt wohl nicht mehr mittragen kann. Eine Finanzierung muss immer abgesichert sein.

Durch den Krieg in der Ukraine mussten sämtliche Kommunen Notunterkünfte schaffen. Inwiefern beschäftigt Schwalmtal das Thema auch noch in diesem Sommer?

Wir betreiben nach wie vor das Dorfgemeinschaftshaus Hergersdorf als Notunterkunft. Ich bin sehr dankbar, dass das Dorf dies so mitträgt. Zu bewältigen ist die Aufgabe auch nur durch unsere ehrenamtlichen Helfer. Das ist eine absolute Herausforderung. Nicht jeder ist einfach nur dankbar. Es gibt auch geflüchtete Menschen, die ihre Forderungen deutlich formulieren, was nicht immer zur Motivation der Ehrenamtlichen beiträgt. Außerdem werden Ressourcen in der Verwaltung gebunden und die Hauptkosten trägt die Kommune. Ohne das Ehrenamt wäre das alles so nicht machbar.

Die Corona-Pandemie scheint momentan überwunden, zumindest das Alltagsleben ist zurück. Aber die Infektionszahlen sind hoch. Mit Blick auf den kommenden Winter: Ist hier mit Auswirkungen vor Ort zu rechnen, was ist Ihre Einschätzung? Und was bedeutet das eventuell für den Haushalt?

Die Coronapandemie macht mir weniger Sorgen als die allgemeine gesamtwirtschaftliche Entwicklung. Unsere Bürger haben sich in der frühen Phase sehr verantwortungsvoll verhalten. Wir als Verwaltung sind sehr gut durch die Pandemie gekommen. Für die Zukunft, wenn nichts Außergewöhnliches passiert, hoffe ich, dass wir uns wieder in normale Fahrwasser begeben und mit Corona umgehen können, wie mit jeder anderen Infektionskrankheit auch.

Aufgrund der überraschend maroden Wasserleitung in Renzendorf rückten jüngst die Finanzen in den Mittelpunkt. Wie angespannt ist die finanzielle Situation tatsächlich und welche Handlungsspielräume gibt es?

Da müssen wir immer den investiven und den laufenden Bereich unterscheiden. Im laufenden Bereich haben wir mit Erhöhungen zu kämpfen und müssen diese gebührendeckend weitergeben. Wir stellen gerade die neue Kalkulation auf. Ansonsten sind wir gut aufgestellt, solange kein großer Gewerbesteuereinbruch kommt. Beim Investiven wird der Spielraum in Zukunft viel geringer und wir müssen schauen, was überhaupt noch geht. Zum Glück haben wir in den vergangenen Jahren zu vertretbaren Preisen viele Millionen Euro in die Infrastruktur investiert. Wenn wir dies jetzt noch vor der Brust hätten, würde ich noch deutlich besorgter in die Zukunft schauen.

Die Sanierung der Ortsdurchfahrt Ober-Sorg bekommen wir gerade noch hin, auch wenn hier die Preise bereits stark erhöht wurden. Im kommenden Jahr steht eigentlich noch die Sanierung der Ortsdurchfahrt Vadenrod an. Da müssen wir genau überlegen, ob wir das uns unter den jetzigen Bedingungen leisten können. Wenn sie aber gemacht würde, wären sämtliche Ortsdurchfahrten in der Gemeinde komplett neu saniert. Das wird eine herausfordernde Entscheidung für die Gemeindevertreter im September, da sowohl viel dafür als auch dagegen spricht.

Die Kita in Brauerschwend wurde saniert und erweitert sowie viel Geld in Sachen Wasserleitungen und Brunnen investiert. Was sind die nächsten größeren Infrastrukturprojekte, die angegangen werden müssen und welche stehen mittel- bis langfristig an?

Wie gesagt: Das Größte, das noch vor uns liegt, ist die Erneuerung der Ortsdurchfahrt Vadenrod. In den kommenden Jahren müsste man sich dann noch über die Nebenstraßen in den Ortschaften unterhalten. Aber da haben wir keinen Handlungsdruck und müssen sehen, wie wir es finanzieren können. Die Wasserversorgung haben wir komplett neu aufgestellt, hier stehen nur noch die Hochbehälter an. Das sind jedoch betragsmäßig nicht die ganz großen Dinge. Investitionsentscheidungen müssen wir aber ganz klar an Fördertöpfen ausrichten und Entscheidungen treffen, wenn uns Mittel zur Verfügung gestellt werden.

Das Thema Radwege nahm jüngst an Fahrt auf, inwiefern gibt es dort erste Zwischenergebnisse?

Bei den Radwegen müssen wir uns die Förderkulissen noch einmal sehr genau anschauen. Die neuste Rückmeldung ist, dass wir die Asphaltierung gefördert bekommen, wenn der Unterbau regelkonform ist. Aber hier steckt der Teufel im Detail. Wir haben den einen oder anderen Radweg, den wir mit einer neu asphaltierten Oberfläche deutlich aufwerten könnten. Stichworte sind hier die Fernradwege R2 und R4, die durch die Gemeinde führen.

Was machen Sie eigentlich im Sommer, um einmal abzuschalten, oder ist das gar nicht möglich?

Mittlerweile kann ich sehr gut abschalten. Das ist komplett anders, wenn man noch neu im Amt ist. Heute weiß ich, dass ich mich auf meine Verwaltung verlassen kann. Das ist auch dem Konstrukt des Gemeindeverwaltungsverbandes zu verdanken, da wir nun ganz anders aufgestellt sind. Außerdem ist auf meinen Gemeindevorstand komplett Verlass. Daher kann ich immer mit einem guten Gefühl in den Urlaub fahren. In diesem Sommer war ich mit der Familie in Bayern in Pfaffenwinkel.

Besucherzähler - VCNT

Seitenzugriffe 0

Heute 87

Gestern 157

Woche 87

Monat 3.857

Insgesamt 17.803

Aktuell sind 167 Gäste und keine Mitglieder online

Kalender

Mai 2024
Mo Di Mi Do Fr Sa So
29 30 1 2 3 4 5
6 7 8 9 10 11 12
13 14 15 16 17 18 19
20 21 22 23 24 25 26
27 28 29 30 31 1 2

Termine

Keine Termine
Wir benutzen Cookies

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.