Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde

Quelle: www.alemannia-judaica.de

In Storndorf bestand eine jüdische Gemeinde bis 1938/39. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 16./17. Jahrhunderts zurück. Erstmals wird Ende des 16. Jahrhunderts ein jüdischer Ortsbewohner genannt ("der dick Judt von Storndorf"). Auch in der Zeit des Dreißigjährigen Krieges waren jüdische Familien am Ort. 1659 lebten in elf Häusern jüdische Familien. 1681-82 wurden etwa 50 jüdische Einwohner in 13 Häusern genannt. In beiden Hälften des Ortes (obere Hälfte der Herren von Seebach und untere Hälfte des Junkers von Stondorf) lebten jüdische Familien.

Die Storndorfer Juden lebten in sehr armseligen Verhältnissen: 1713 hieß es, dass nur einer der jüdischen Haushaltsvorstände erwerbsfähig sei, alle anderen der damals elf Familien waren arm. Mitte des 18. Jahrhunderts bildete sich eine organisierte jüdische Gemeinde. Als erster Vorsteher wird "Joseph" genannt. 1770 ist mit Aron Joseph für die inzwischen 13 jüdischen Familien erstmals ein "Judenschulmeister" am Ort. Zeitweise hatten die Juden beider Ortshälften unterschiedliche Vorsteher (1802 Hirsch Katz und Meyer Abraham). Als 1809 die jüdischen Familien feste Namen wählen mussten, ergaben sich vor allem die Familiennamen Weinberg, Katz, Freund, Höchster, Schwalm, Nußbaum, Stein, Strauß, Stern, Adler. Anfang des 19. Jahrhunderts war der wichtigste Mann der jüdischen Gemeinde Kalme Kaufmann ("Judenkastenmeister" genannt).

Im 19. Jahrhundert stieg die Zahl der jüdischen Einwohner weiter an: 1822: 123 Personen (1828-30: 139, 1839: 158, 1846: 173) auf die Höchstzahl von 188 Personen im Jahr 1870 (20,2 % von insgesamt 931 Einwohnern). Danach ging die Zahl durch Aus- und Abwanderung langsam zurück: 1900-1905: 92 jüdische Einwohner, 1910 59. Von den etwa 20 jüdischen Familien sind um 1889 neun nach Lauterbach gezogen. Von besonderer Bedeutung für die wirtschaftliche Entwicklung war in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts Salomon Strauß I. Er hatte 1869 das obere Hofgut gekauft.

Anmerkung:
Nach DEGGAU hat Strauß einen Monat später, am 11. Juli 1869 das Gut wieder verkauft und zwar an eine Gesellschaft von 13 Storndorfern, zu denen er selbst gehörte.

An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge, eine Schule, ein rituelles Bad und einen Friedhof. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter tätig war. Von 1865 bis 1897 war als Lehrer und Kantor in Storndorf Jakob Stern tätig. 1897 konnte er nach 32 Jahren Tätigkeit in Storndorf hier sein 50jähriges Dienstjubiläum feiern (siehe Bericht unten). Später werden als Lehrer genannt: Ludwig Steinhauer (um 1920) und Markus Stein (um 1925). Die Gemeinde gehörte dem orthodoxen Provinzialrabbinat Oberhessen mit Sitz in Gießen an.

Im Ersten Weltkrieg fiel aus der jüdischen Gemeinde Markus Plaut.
Folgendes Dokument gibt Aufschluss darüber: Fragebogen für das Ehrenbuch

Um 1925, als noch 38 jüdische Einwohner gezählt wurden (4,47 % von insgesamt etwa 850 Einwohnern), waren die Vorsteher der Gemeinde: A. Stein, Leopold Strauß, Löb Adler. Als Lehrer und Kantor war Markus Stein tätig, als Schochet Löb Adler. 1932 waren die Vorsteher Leopold Strauß (1. Vorsteher), Salomon Stein und Albert Adler. Von den damals acht jüdischen Familien hatten drei Viehhandlungen. Dazu gab es zwei Manufakturhandlungen und eine Öl- und Fetthandlung, die jüdischen Familien gehörten.

Nach 1933 ist ein Teil der jüdischen Gemeindeglieder (1933: 28 Personen) aufgrund der zunehmenden Entrechtung und der Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. Im September 1939 lebten keine jüdischen Personen mehr im Dorf.

Von den in Storndorf geborenen und / oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem): Berta Ackermann geb. Adler (1890), David Adler (1902), Elise Adler (1880), Jonas Adler (1882), Leopold Adler (1865), Max Adler (1897), Moses Adler (1873), Rosalie Bamberger geb. Weinberg (1881), Bertha Baum geb. Adler (1873, Juda Baumann (1864), Sally Freund (1882), Ida Gumpert geb. Strauss (1901), Irene Hill (1928), Herz Höchster (1867), Emma Jakob geb. Baumann (1868), Sara Jakob geb. Katz (1857), Seligmann Jakob (1866), Mayer (Max, Meyer) Katz (1881), Ida Kussel geb. Baumann (1892), Auguste Lind geb. Plaut (1882), Jeanette Loeb geb. Freund (1869),  Ida May geb. Adler (1878), Franziska (Fanny) Mayer geb. Baumann (1850), Julchen Plaut (1885), Karoline Plaut geb. Höchster (1889), Simon Plaut (1877), Selma Schack geb. Strauss (1889), Else Seiferheld geb. Baumann (1892), Jenny Stein (1896), Levi Stein (1874), Mathias Stein (1874), Rebekka Stein (1866), Salomon Stein (1893), Berthold Stern (1877), Klara Mina Stiefel geb. Adler (1888), Fanny Strauß (1879), Kaufmann Strauß (1879), Theresa Strauß geb. Strauß (1864), Alfred Streitmann (1916), Rosa Streitmann geb. Strauss (1916), Moses Ullmann (1878), Olga Wallenstein geb. Adler (1889), Luise Weidenbaum geb. Baumann (1856). Ester (Else) Weinberg geb. Adler (1869), Sally Weinberg (1893).

 

Besucherzähler - VCNT

Seitenzugriffe 0

Heute 28

Gestern 183

Woche 563

Monat 1.451

Insgesamt 15.397

Aktuell sind 129 Gäste und keine Mitglieder online

Kalender

Mai 2024
Mo Di Mi Do Fr Sa So
29 30 1 2 3 4 5
6 7 8 9 10 11 12
13 14 15 16 17 18 19
20 21 22 23 24 25 26
27 28 29 30 31 1 2
Wir benutzen Cookies

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.